Freitag, 18. November 2011

Eine Ein-Mann-Jugend-Unruhe


Endo Anaconda, Bild: Monika Eicher
Er will polarisieren, die Menschen zum Denken anregen und damit nicht einmal immer Recht haben. 

 Text geschrieben für die BuchBasel 2011
Monika Eicher

Jeden Moment rechnet Endo Anaconda mit einem Bandscheibenvorfall, wenn er in seinem Mazda Sportwagen „Walter“ durch das Emmental fährt. Geschickt verpackt er in seinem neuen Buch „Walterfahren“, Alltag und Fiktion in Geschichten die uns auf ironisch Weise ein Stück Realität aufzeigen. Ob er nun dem Bundesrat die passenden Haustiere vorschlägt, aus einem Milchschoppen einen Cocktail zaubert, oder sich mit hübschen Piratinnen an Goaparties die Nächte um die Ohren schlägt, immer spürt man den Funken Wahrheit in all seinen Geschichten. 

„Ich polarisiere, auch wenn dieses Mittel in der Schweiz verpöhnt ist. Wir Schweizer haben einen schwerfälligen Geist. So bewegen wir uns wenigstens einen Millimeter vom Fleck. Wahrheit ist mehrschichtig. Ich bin nicht immer überzeugt davon, dass ich Recht habe. Die Hauptsache ist, dass ich denke “, sagt der sentimentale Patriot, wie er sich selber beschreibt.

Gute Texte zu schreiben ist noch keine Kunst, davon ist Endo Anaconda überzeugt. Erst wenn wir fähig sind zu imaginieren, wird den Worten etwas Magisches eingehaucht. Das ist eine feinstoffliche Sache, man muss sich darauf einlassen können. „Gute Texte sind wie funkelnde Diamante. Wir formen Worte wie Bildhauer, laden sie auf und lassen daraus beflügelte Worte werden. Das ist gute Lyrik, gute Poesie.“


Mittwoch, 16. November 2011

Droht uns das Ende?

Es ist Montag, kurz vor 12 Uhr. Jeder normale Mensch isst um diese Zeit z Mittag. Holt sich ein Sandwich, eine Pizza, geht zu Mac Donalds oder grillt Mitgebrachtes in der Mikrowelle (pfui Teufel...)
Solche wie ich gehen Shoppen. Wann sonst soll Frau bei dem Terminkalender einkaufen hä?
Einen Ordner A5 brauch sie, um ihre Chorblätter dieses Mal fein säuberlich einzusortieren und sie nicht bei nächstbester Gelegenheit zu verlieren. Es ist anstrengend fast ein ganzes Jahr so zu tun, als hätte man noch welche und könnte bereits alle Lieder auswendig...

Als ich aber diesen besagten Ordner A5 mit meiner Postcard bezahlen möchte, gehts nicht. Fuck! wieder mal kein Geld auf der Karte. Ich lächle die Dame vordergründig gelassen an und bitte sie den Ordner für mich zu hinterlegen. Etwas irritiert, tut sie dies. Ohne ein Wort zu sagen. Der Kunde ist König. Ab und zu vergesse ich das.
Es würde sich lohnen hinter all diese hübschen Stirnen (oh Gott, was ist die Mehrzahl von Stirn -> Stirns, Stirnen) zu blicken und deren Gedanken lesen zu können. Wir würden staunen wieviel Luft und Hühnerkacke da zusammen kommt.

Die erste zur Schau getragene Gelassenheit löste sich schnell in Luft auf. Mir schwirren schon böse Bilder im Kopf herum, wie ich halb verhungert auf der Strasse um etwas zu Essen betteln muss. Mir die Zähne ausfallen...Scheisse... kann es wirklich sein, dass meine Karte gesperrt ist?!
 Auch am Automaten geht nichts. Technische Störung. Hmm... was bleibt einem da übrig als schnurstracks zum altbewährten Schalter bei der Post zu marschieren.
Auf dem Weg dahin werde ich plötzlich aufmerksam. Schaue mich um. Warum um himmels Willen hat es an einem Montag den 14. November, so viele Leute in diesem Gebäude?

Es liegt am System. Ja, das System ist Schuld. Da stehts, ganz gross geschrieben. Irgendein Versagen (Mensch oder Maschine) hat mich in diese prekäre Lage gebracht. Ist Schuld, dass ich jetzt einen leeren Kühlschrank zu Hause habe! So eine Sauerei. Nein, natürlich rege ich mich nicht auf. Ich schmunzle. Echt. Die andern mögen sich aufregen. Ich finds amüsant. Erstens weils nicht an meinem ausgehungerten Konto liegt, und zweitens weil es spannend ist, wie das Schweizer Volk darauf reagiert.

Jetzt stehen da vielleicht 70 Menschen, die gleichzeitig und möglichst rasch an ihr Bargeld kommen möchten. Was aber, wenn es 200 wären?! Wenn es tausende wären? Überall? Ich gluckse vor Freude, oh ja! Da hätte es sich sogar mal gelohnt nie gespart zu haben!

Jetzt bin ich dran, nachdem ich ca. 15 min. Schafe gezählt habe (eins ist übrigens unglaublich blöd gestürzt und hat sich ein Rippchen gebrochen, aber das ist eine andere Geschichte).
Nur gegen Vorweisen meiner ID kann ich Geld abheben. Das Fräulein am Schalter tut schwierig. Die Unterschrift die ich mitten in der Pubertät hinterlassen habe, stimmt nicht mit der jetztigen überein.
Nachdem ich ihr etwa alle Ausweise die ich besitze (ich habe kein Badabi) vorgewiesen habe, komme ich doch an meine gewünschten vierzig Fränkli. So ein Theater!
Als ich mit dem schwer verdienten Stutz meinen Ordner A5 bezahlen will, traute ich meinen Augen kaum. Nicht nur die Post ist überbevölkert, nein, auch vor jedem Postomaten der ganzen Stadt wurde Schlange gestanden. 

Knapp eine halbe Stunde konnte in keinem Geschäft in Bern mit Postcard bezahlt werden. Kein Geld abgehoben oder einbezahlt werden. Hunderte, wenn nicht tausende Menschen durften spüren, was es heisst, einen kurzen Moment der Realität in die Augen zu blicken. Und die Frage taucht auf:

Was wäre wenn... Ja was wäre wenn? 

Eine halbe Stunde reicht um Bern verrückt zu machen. Wielange würde die Welt durchhalten?

Ich bin gespannt...

Donnerstag, 3. November 2011

Von Engeln



Sagen sie mal werte Leserinnen, was ist eigentlich mein Problem? Also im Ernst jetzt?
Gibt es irgendwo da draussen einen Motzverein, dem ich beitreten könnte? Der mich zu günstigen Konditionen aufnähme? Ich meine mit dieser Wut im Bauch brauche ich nächstens ein Antiagressionstraining! Wo ich mal so richtig draufhauen kann (seufzt genussvoll).
Die Welt hat es auf mich abgesehen, denke ich (negative Eigenschaften: neigt zu masslosen Übertreibungen, und Selbstmitleid).
Falls es sich einrichten liesse, hätte ich dazu gerne einen Schutzengel, vorzugsweise männlich - der mich immer rettet, auch wenn ich mich noch so daneben benehme. Einen, der meine Anfälle erträgt und NICHT mein Freund ist (verringert Gewissensbisse).

Anforderungsprofil: GEDULDIG, wasserdicht, schusssichere Weste muss vorhanden sein, kann zwei Augen zudrücken, kommt nicht auf die Idee (niemals!) mir über den Kopf zu streicheln wenn ich wütend bin und die Worte „Schatz, es chunnt aus guet, es isch gar nid so schlimm“ zu benutzen (in anderen Fällen käme dann die Weste zum Einsatz), ist den Umgang mit bellenden Frauen gewohnt, die nicht beissen.
Ich will nicht schön sein, nicht nett und schon gar nicht lieb, härzig oder süss. Ich befinde mich im Widerstand!
Ist es schlimm, wenn ich mich dabei unglaublich toll finde?